Am 7. Oktober 2009 verstarb nach kurzer, aber schwerer Krankheit unser Freund und Kollege Gerd Vehres.
Wir verlieren mit ihm einen Menschen, der durch seine Diplomatie, sein
Wissen, Lebenserfahrung und Verhandlungsgeschick viel für unsere
Gesellschaft getan hat. Es entsteht eine Lücke, die wir vorerst
nicht schließen können. Wir sind ihm dankbar für sein
Wirken, aber auch sehr traurig über den Verlust.
Gerd Vehres wurde am 02.01.1941 in Berlin geboren. Nach Besuch von
Grund- und Oberschule legte er 1959 das Abitur an der Arbeiter- und
Bauernfakultät in Halle (Saale) ab. Danach arbeitete er ein Jahr
in den Leuna-Werken.
Von 1960 bis 1966 studierte Gerd am Institut für Internationale
Beziehungen in Moskau, unterbrochen durch zwei Semester an der
Universität in Budapest. Nach erfolgreichem Studienabschluss wurde
Gerd 1966 im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der
DDR eingestellt. Von 1970 bis 1974 war er an der DDR-Botschaft in
Budapest als politischer Mitarbeiter tätig.
Nach seiner Rückkehr arbeitete er in verschiedenen Funktionen im
Partei- und Staatsapparat der DDR, immer befasst mit den Beziehungen
DDR – Ungarn.
1988 wurde Gerd als Botschafter der DDR nach Budapest entsandt. Hier
geriet er in Sommer 1989 in den Strudel der Ereignisse um die
ungarische Grenzöffnung nach Österreich für
DDR-Bürger. Einerseits als Vertreter des Staates DDR und
andererseits als Freund Ungarns mit gewissem Verständnis für
deren Politik war er an den Ereignissen doch nicht direkt beteiligt. Im
September 1990 kehrte er kurz vor Schließung der DDR-Botschaft
nach Berlin zurück.
Da das neue, geeinte Deutschland kein diplomatisches Personal aus
DDR-Zeiten übernahm, musste er sich ein neues Betätigungsfeld
suchen. Und er hatte Glück. Dank seines Verhandlungsgeschicks und
seiner Ungarnerfahrungen begann er 1992 bei einer großen
Versicherungsgesellschaft mit Sitz in Wien zu arbeiten, übernahm
deren Budapester Niederlassung und kehrte so in seine zweite Heimat
Ungarn zurück.
Gerd war einer der wenigen Botschafter in Ungarn, die fließend
ungarisch sprachen. Dies und vor allem seine freundliche, offene Art
anderen gegenüber halfen ihm, sich nicht nur in Deutschland,
sondern auch in Ungarn einen großen Freundeskreis aufzubauen, den
er bis zuletzt intensiv pflegte.
So kam er erst Ende September 2009 von einer mehrwöchigen Ungarnreise zurück.
Auch zu seinen damaligen Kommilitonen aus Moskau hielt er engen Kontakt.
Seine Arbeit in der Deutschen Gesellschaft für Flaggenkunde war
weniger geprägt von Fachvorträgen über Flaggen, sondern
mehr von organisatorischen Arbeiten im Hintergrund. Er nahm an vielen
internationalen Flaggenkongressen teil, immer begleitet von seiner Frau
Stefanie. Auch in Ungarn war Gerd an der Arbeit der dortigen
Flaggengesellschaft maßgeblich beteiligt.
Die DGF berief ihn 2003 zum Präsidenten des Organisationskomitees
des XXII. Internationalen Kongress für Flaggenkunde FlagBerlin
2007. Dank seines engagierten und ideenreichen Wirkens wurde der
Kongress zu einem vollen Erfolg. Tatkräftig unterstützt von
seiner Frau, der inoffiziellen „Mutter des Kongresses“,
wurde das fünftägige Treffen zu einem Ort des Austausches
zwischen Fachkollegen aus aller Welt, zum Wiedersehen von Freunden und
Kollegen und trug nicht unwesentlich zum Ansehen der DGF bei.
Die DGF wählte Gerd nach dem Kongress zum ihrem 1. Vorsitzenden.
Gerds Stil führte zu einer neuen Qualität der
Vorstandarbeitsarbeit der DGF. Davon profitierte der gesamte Verein. Da
er gern reiste, wurden Vorstandstreffen auch außerhalb der
Jahresversammlungen abgehalten, Mitglieder, die man nur vom Namen her
kannte, besucht und neue Kontakte geknüpft. Die jährlichen
Treffen der deutschen Vexillologen wurden stabsmäßig von ihm
organisiert. Leider erlebte er das letzte Treffen in Höxter, von
ihm noch organisiert, nicht mehr.
Der größte Erfolg seiner Tätigkeit als 1. Vorsitzender
unserer Gesellschaft aber war die Fertigstellung der Kongressbände
über den 22. Internationalen Vexillologenkongress in Berlin noch
vor Beginn des Folgekongresses 2009 in Yokohama. Das war ein Novum.
Erstmalig konnte er als Vertreter der DGF als Ausrichter eines
Kongresses innerhalb von zwei Jahren auf die berühmte Frage nach
dem Protokoll antworten: Ja, wir sind fertig geworden!
Leider wurden die vergangenen zwei Jahre für ihn auch von
traurigen Ereignissen überschattet. Erst 2007 der Tod seines
Vaters. Und dann musste er im Sommer 2008 den Verlust seiner geliebten
Frau Steffi hinnehmen. Wir haben alle mit ihm gelitten, waren aber auch
erstaunt über die Kraft, die er trotzdem für den Verein
aufbrachte.
Die Deutsche Gesellschaft für Flaggenkunde wird Gerd Vehres, Botschafter a.D. stets ein ehrendes Gedenken bewahren.
© DGF
Stand: 12.10.2009
JM