Flaggentreffen 2005 in Berlin

Das 14. Deutsche Vexillologentreffen fand am 17. und 18. September 2005 in Berlin statt.
Bereits am Vorabend trafen sich viele Teilnehmer im Restaurant „Zum alten Fritz“, wo die Berliner Mitglieder inzwischen einen „Stammtisch“ haben, an dem sie sich mehrmals im Jahr treffen.
Die offizielle Tagung wurde am Samstag um 13.00 Uhr im modernen Anbau des Deutschen Historischen Museums (DHM) eröffnet. Anwesend waren 23 Mitglieder, unsere tschechischen Freunde J. Martykan, P. Exner und L. Hnat sowie einige Gäste. Dr. D. Vorsteher begrüßte die Tagungsteilnehmer im Namen des Generaldirektors des DHM und wünschte einen erfolgreichen Tagungsverlauf. Die darauf folgende Vortragsreihe mit sechs Beiträgen wurde von Dr. M. Schmöger moderiert. Um 16.30 begann der erste Teil der Jahresmitgliederversammlung. G. Vehres gab einen Bericht über den Internationalen Kongress in Buenos Aires und den Stand der Vorbereitungen des Berliner Kongresses. Der Wettbewerb für eine Kongressfahne wurde verlängert, da noch kein überzeugender Vorschlag eingereicht worden war.
Vor einem gemeinsamen Abendessen im „Alt-Berliner Wirtshaus“gab es Gelegenheit für einen Spaziergang unter den Linden bis zum Brandenburger Tor im abendlichen Sonnenschein. Nach dem Essen fand die schon traditionelle Flaggenschau statt, bei der mehrere Flaggensammler ihre neuesten Erwerbungen vorstellen konnten. Außerdem wurden die eingereichten Entwürfe für die Kongressflagge 2007 herumgereicht, um die Meinung der Mitglieder zu erfahren. Es überwog der Eindruck, dass die Entwürfe entweder mit Symbolen überladen oder einfach zu bunt waren. Am Tag darauf gab es drei Vorträge und nach einer kurzen Kaffeepause den zweiten Teil der Mitgliederversammlung mit der Vorstandswahl. Es wurden Dr. Andreas Herzfeld als 1. Vorsitzender, Dr. Marcus Schmöger als 2. Vorsitzender und Klaus Günther als Schriftführer einstimmig wiedergewählt. Als Nachfolger für den aus gesundheitlichen Gründen zurückgetretenen Kassenwart Jürgen Rimann wurde Hans-Jürgen Malirs gewählt.

Die Tagungsflagge mit dem Berliner Wappenbären wurde von J. Rimann entworfen und hergestellt.

Rechts von oben nach unten: die Tagungsflagge, der Pei-Anbau vom DHM, im Hörsaal (obere Reihe v. l. Martykan, Hnat, Dr. Rust sen. und Rust jun., untere Reihe v. l. Zeiler, Staack, Kollmus,Vagnat), der neue Schatzmeister Malirs (Mitte), im Hintergrund Pattke und E.Günther.

Unten von links nach rechts: im Hörsaal (v. l. Lisztewnik, Milde, Karaschewski, Probst, im Hintergrund Vehres), Dr. Schmöger präsentiert die italienische Kriegsflagge aus der Zeit des Königreichs, Karaschwski präsentiert die Flagge des Auswärtigen Amtes im Kaiserrreich.



Vorträge auf dem Flaggentreffen 2005 in Berlin

Die Fahnensammlung des DHM

Klaus-Peter Merta vom DHM gab einen Bericht über die Entstehung der Flaggensammlung, ihre lange Geschichte, ihre großen Verluste durch den Zweiten Weltkrieg und die heutigen Probleme bei der Restauration großer Bestände, die durch unsachgemäße Lagerung in der Vergangenheit notwendig geworden ist. Die Sammlung umfasst vor allem preußische Militärfahnen und Beutefahnen sowie viele Flaggen der deutschen Arbeiterbewegung, insgesamt über 2000 Objekte.


Flaggen und Wappen im ehemaligen Österreich-Schlesien

Erwin Günther fasste in seinem Vortrag die Ergebnisse aus dem dritten Teil seiner Studien zur Wappen- und Flaggengeschichte Schlesiens zusammen. Sie bezogen sich auf die Teile Schlesiens, die nach den Schlesischen Kriegen bei Österreich verblieben und zum Kronland Österreich-Schlesien vereinigt wurden. Über Wappen und Flaggen des Herzogtums Teschen und der Herrschaft Bielitz, deren Gebiete heute zur polnischen Wojewodschaft Šlaskie (Schlesien) gehören, hatte Günther bereits auf dem Deutschen Vexillologentag im vergangenen Jahr referiert. Diesmal ging es um die Gebiete, die heute in der Tschechischen Republik liegen.


Anhand von Kartenskizzen verdeutlichte der Vortragende den Wechsel der Staatszugehörigkeit und der damit verbundenen administrativen Gliederung dieser Gebiete infolge der beiden Weltkriege. Mit zahlreichen Abbildungen zeigte er die Stellung des schlesischen Adlers im österreichischen Kaiserreich bis 1918 und in den tschechoslowakischen bzw. tschechischen und sudetendeutschen Nachfolgegebieten, die historischen Territorialwappen und –farben, die Landesfarben und -flaggen sowie die Wappen und Flaggen der Kreise und Kreisstädte.
Wie schon in den vergangenen Jahren hat Günther dazu eine Dokumentation im Selbstverlag verlegt, die 105 Seiten mit 239 Abbildungen und 4 Farbtafeln umfasst.

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Bruntál (seit 1998)

Karviná (seit 1993)

Olomoucký kraj

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Krs. Sulecin Krs. Wschowa Krs. Zagan

 

Flaggen und Wappen der Karpato-Ukraine

Roman Klimeš berichtete über die Geschichte der Hoheitszeichen der Karpato-Ukraine. Die ersten Wappen gehen bis ins 13. Jh. zurück. Die blau-gelbe Flagge ist erst seit 1919 bekannt, als die Ungarn versuchten das ruthenische Land mit dem Versprechen einer Autonomie für sich zu gewinnen, obwohl es durch den Friedensvertrag der neuen Tschechoslowakei zugesprochen war. Das gelang aber nicht. Auch der Versuch der Ruthenen scheiterte einen eigenen Staat zu bilden, die Huzulen-Republik. Das Gebiet kam bis 1939 an die Tschechoslowakei. Es wurde dann bei der Auflösung der letzteren kurzfristig selbständig, aber noch im selben Jahr von Ungarn annektiert.1944 wurde es von der roten Armee besetzt und 1945 in die Sowjet-Union eingegliedert. Seit 1991 ist es Teil der Ukraine. Die blau-gelbe Flagge ist geblieben.

Die Lausitzsorbische Nationalflagge

Ladislav Hnat von der Tschechischen Vexillologischen Gesellschaft hatte als Thema die Flagge der Sorben gewählt. Die Lausitzer Sorben, die heute als letzter slawischer Stamm auf deutschem Staatsgebiet zwischen Cottbus und Görlitz leben, hatten sich Mitte des 19. Jh. für die Farben Blau-Rot-Weiß als Nationalfarben entschieden. Ob diese tatsächlich erstmals auf dem Liederfest am 17.10.1845 in Bautzen als Flagge zu sehen waren, ist nicht belegt. Im März 1848 erschienen sie bei einem Treffen von Vertretern slawischer Völker in Berlin in Form einer Trikolore. Auf dem Slawischen Kongress im Juni 1848 in Prag wurde die Flagge schließlich mit blau-rot-weißen Längsstreifen zur sorbischen Nationalflagge erklärt. Die Nazis verboten schon 1935 das Zeigen der Sorbenflagge. 1945 war sie wieder zu sehen, und 1949 wehte sie in der DDR gleichberechtigt neben der Flagge der DDR und der roten Flagge. Im Vereinigungsvertrag von 1990 wurden die Sorben auch in der Bundesrepublik als Minorität anerkannt. In den Verfassungen der Länder Sachsen und Brandenburg wurde festgelegt, dass das Hissen der Sorbenflagge im Siedlungsgebiet der Sorben auch auf öffentlichen Gebäuden neben den jeweiligen Landesflaggen und der Bundesflagge erlaubt ist.





Wie beschreibe ich eine Flagge?

Jörg Majewski zeigte an einer umfangreichen Auswahl von Flaggen aus aller Welt die Unterschiede in den Flaggenformen, in den Teilungen des Flaggentuchs und in der Belegung mit Wappen und Symbolen. Er beklagte das Fehlen von Abbildungen bei der Veröffentlichung von Flaggengenehmigungen. Die verbalen Beschreibungen sind uneinheitlich, oft auch missverständlich, oft von fachunkundigem Personal formuliert. Auch die Anwendung der heraldischen Sprache eignet sich nicht zur Beschreibung von Flaggen. Nur für die Wappen, die sich auf einer Flagge befinden, sollte sie angewandt werden. Majewski forderte von Vexillologen die Entwicklung von flaggenbezogenen Sprachelementen, die in einheitlicher Abfolge benutzt werden sollten: beginnend mit der Flaggenform, der Benennung der Farben in der Beschreibung der Flaggenteilung, bis zur Position eines Wappens oder Symbols. Begriffe wie „waagerecht“ und „senkrecht“ sollten durch „längs“ und „quer“ ersetzt werden, weil damit eine Flagge unabhängig von der Art ihrer Aufhängung beschrieben werden kann. Da es unter den gezeigten Abbildungen auch solche gab, die sich nicht eindeutig nach diesem Schema beschreiben ließen, schloss der Vortragende mit dem Satz: „Die beste Beschreibung ist immer die Abbildung der Flagge“.




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Wie werden die Kommunalflaggen in der Bundesrepublik beschrieben?

Gunnar Staack demonstrierte an einigen Kommunalflaggen und deren offiziellen Beschreibungen, dass es bis jetzt keine einheitliche Sprache für die Beschreibung von Flaggen gibt. Die Beispiele unterschieden sich in der Wortwahl, dem Satzaufbau, der Genauigkeit und Vollständigkeit. Sie stammten aus Genehmigungsurkunden der Innenministerien, den Hauptsatzungen der Städte und Gemeinden und aus fachwissenschaftlichen Publikationen. Bei letzteren war jeweils innerhalb einer Veröffentlichung das Bemühen um eine durchgehend einheitliche Beschreibung zu erkennen, was auch bei einigen für die Genehmigung zuständigen Landesbehörden zu finden war, jedoch in den Hauptsatzungen der Gemeinden fehlte. Letzteres lässt sich durch fehlende Vorbilder oder Vergleichsmöglichkeiten erklären, die den Verfassern der Beschreibungen nicht zur Verfügung standen. So kommt es manchmal zu Missdeutungen oder Unverständlichkeiten, die der Vortragende mit Beispielen belegte. Eine große Rolle spielten auch die regionalen Unterschiede sowohl der Begriffe als auch der Form der Beschreibung. So gilt z. B. in Baden-Württemberg eine Flaggenbeschreibung sowohl für die Ausführung einer Hissflagge als auch einer Hängeflagge. In Nordrhein-Westfalen werden Hissflaggen und Banner jedoch getrennt beschrieben. In Schleswig-Holstein ist eine beschriebene Flagge eine Hissflagge, in Hessen eine Hängeflagge.





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Vergleich zwischen italienischen und deutschen Parteiflaggen

Dr. Marcus Schmöger hat sich nach den deutschen Parteiflaggen mit italienischen beschäftigt und diese in seinem Vortrag mit hervorragenden Abbildungen vorgestellt und danach mit der deutschen Situation verglichen. Auffällig ist, dass fast alle italienische Parteien eine Flagge haben, ja sogar oft mehrere Varianten. Neue Flaggen kommen nicht nur durch die Neugründung von Parteien hinzu, sondern auch durch Veränderungen von Symbolen und Aufschriften, ja sogar von Farben. Während früher eine große beherrschende Partei Koalitionen mit mehreren kleinen bildete, sind seit 1994 durch ein neues Wahlsystem Wahlbündnisse nötig. Auch diese bekommen eigene Flaggen. Logos (contrassegni) spielen bei den italienischen Parteiflaggen eine bedeutende Rolle, da sie in den Parteisatzungen festgelegt sind. In Deutschland sind es dagegen die Namenskürzel der Parteien. Während in Deutschland Parteiflaggen nur in und vor den Parteizentralen zu sehen sind, werden sie in Italien in Massen angefertigt und in Massen auf Kundgebungen gezeigt.

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Forza Italia

Socialisti Democratici Italiani

Verdi






Französische Flaggen

Pascal Vagnat stellte zunächst die französische Administration vor, die im Gegensatz zu unserer nicht hierarchisch gegliedert ist. Es gibt in Frankreich 22 Regionen, 96 Departements und ca. 36 000 Städte und Gemeinden sowie 4 Regionen und 4 Departements in überseeischen Besitzungen. Alle diese Einheiten können Flaggen führen. Da es keine Flaggengesetze gibt und kaum Literatur über Flaggen, ist es schwer, an Informationen heranzukommen. Neben einem aufmerksamen Studium von Zeitungen, Zeitschriften und Fremdenverkehrsbroschüren ist das Fotografieren „in situ“, d. h. bei Rathäusern und Verwaltungsgebäuden, bei weitem das am ehesten Erfolg versprechende Mittel für den Vexillologen, Flaggen kennen zu lernen. Vagnat zeigte dann in einer beeindruckenden Fotoschau alle möglichen Varianten des Flaggendesigns bei französischen Flaggen. Von Streifen über Wappen bis zu Inschriften und Logos kommt alles vor. Sie sind auch im Internet auf den Webseiten emblems.free.fr, www.cyberflag.net und vexil.prov.fre.fr zu sehen. Auffällig ist, dass quer gestreifte Flaggen gegenüber längs gestreiften überwiegen.

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Le Juch

Saint Cyr sur Loire

Briançon

 

 

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© DGF
Stand: 29. November 2005
Text: GS
Fotos: Exner, Kollmus, Vagnat
Redaktion: DL