Freddi Kollmus

 

Flaggen und Wappen auf Briefmarken (2)

Im zweiten Teil meiner Serie geht es aus Europa hinaus. In der Inselwelt der Karibik gibt es einige selbständige Staaten, die mit der Erlangung der Unabhängigkeit von Großbritannien neue Flaggen und Wappen angenommen haben und diese stolz auf ihren Briefmarken zeigen.

Einer dieser Staaten ist Saint Lucia, eine parlamentarische Monarchie im Commonwealth, nach wie vor mit der britischen Königin als Staatsoberhaupt. Diese wird durch einen einheimischen Generalgouverneur vertreten.

In der Zeit vor ihrer Kolonialisierung war die Insel von Kariben bewohnt. Christoph Kolumbus entdeckte sie vermutlich im Jahre 1502 auf seiner dritten Reise. Erste britische Schiffe liefen die Insel 1605 an. In den folgenden Jahrzehnten folgten europäische Siedler, deren Ansiedlungen von den karibischen Bewohnern zerstört wurden. Frankreich schloß schließlich einen Vertrag mit den Eingeborenen, Franzosen siedelten 1650 auf der Insel an. Die Oberhoheit über St. Lucia wechselte danach mehrmals zwischen Engländern und Franzosen. Seit 1763 war St. Lucia französisch, 1802 setzte sich Großbritannien durch und erlangte mit den Pariser Verträgen 1814 eine Bestätigung seiner Ansprüche.

Den Status der Kronkolonie im Verwaltungsverbund der Windward Islands erhielt die Insel 1838. 1958 – 1962 gehörte St. Lucia der Westindischen Föderation an und erhielt mit dem Westindian Act vom 1. März 1967 Autonomie und den Status eines mit Großbritannien assoziierten Territoriums. Am 22. Februar 1979 wurde St. Lucia unabhängig.

Die Geschichte der Insel ist auf einem Briefmarkensatz von 15 Werten aus dem September 1996 zu sehen. Es handelt sich um 15 Schiffsmotive und 15 Flaggen aus verschiedenen Epochen, wovon die Flaggen eine nähere Erklärung verdienen:

Auf dem niedrigsten Wert zu 10 c ist eine spanische Karavelle und das königliche Banner Spaniens zu sehen, das die Wappen von Kastilien und León vereinigt. Im ersten und vierten Feld ein gelbes Kastell mit blauem Tor auf rotem Grund, im zweiten und dritten Feld ein roter Löwe auf weißem Grund. Die Briefmarke erinnert an die Entdeckung der Insel im Jahr 1502.

Um 1550 hatten Piraten Stützpunkte und Verstecke auf der Insel. Symbolisiert wird dies durch die Totenkopf-flagge mit einem weißem Schädel und zwei gekreuzten Knochen auf schwarzem Grund (15 c).

Der dritte Wert zu 20 c weist auf die 1621 gegründete holländische Westindien-Kompanie hin, die Mitte des 17. Jahrhunderts 800 Schiffe unterhielt und zu deren Schutz auf St. Lucia ein Fort baute. Abgebildet ist allerdings nicht die Flagge der Kompanie (mit den verschlungenen Buchstaben GWC im weißen Streifen), sondern die orange-weiß-blaue königliche "Prinzenflagge". Im auf der Briefmarke genannten Jahr 1650 war auf den Schiffen größtenteils der orangefarbene Streifen durch einen roten Streifen ersetzt worden, die noch heute gültige Flagge der Niederlande. .

Die britische Unionsflagge von 1739 (identisch mit dem am 12. April 1606 ausgerufenen ersten Union Jack) zeigt der Wert zu 25 c, die französische Königsflagge von 1750, weiß, belegt mit goldenen Lilien und dem Königswappen, der Wert zu 40 c.

1766 wurde St. Lucia durch die Franzosen mit Martinique zusammengeschlossen. Für den Schiffsverkehr zwischen beiden Inseln wurde eine blaue Flagge mit weißem Kreuz und vier weißen Schlangen in den blauen Eckfeldern verwendet (60 c). In leicht abgeänderter Form wird diese Flagge noch heute auf Martinique gezeigt.

Britische Bemühungen, die Insel wieder an sich zu bringen, symbolisieren die drei nächsten Werte mit dem White, Red und Blue Ensign (1782) der Royal Navy, jeweils mit dem ersten Union Jack im Obereck (55, 65 und 75 c).

1792, zur Zeit der französischen Revolution, wehte über der Insel die französische Trikolore (95 c). 1814 wurde St. Lucia endgültig britisch; der heutige Union Jack von 1801 ist auf dem Wert zu 1 Dollar abgebildet.

 

Eine weitere Flagge auf dem Wert zu 2,50 Dollar erinnert daran, daß im amerikanischen Bürgerkrieg die Konföderierten auf St. Lucia alte Kanonen holten. Eine rot-weiß-rot gestreifte Flagge mit blauem Obereck und zwölf (?) weißen Sternen, angeblich aus dem Jahr 1861, ist abgebildet. Die "Stars and Bars"-Flagge vom März 1861 bis Mai 1863 hatte tatsächlich nur 7 weiße Sterne im Obereck.

Im ersten Weltkrieg leisteten Kanadier Dienste auf der Insel. Von 1915 bis 1919 wehte die rote kanadische Unionsflagge, der Red Ensign mit dem kanadischen Wappen im fliegenden Ende (5 Dollar). Die USA errichteten im zweiten Weltkrieg Stützpunkte. Von 1942 bis 1946 war das Sternenbanner mit 48 Sternen zu sehen (10 Dollar).

Die heutige Flagge St. Lucias, auf blauem Grund ein gelbes Dreieck, über schwarzem und weißem Dreieck liegend, 1979 geringfügig modifiziert, ist neben einem modernen Kreuzfahrtschiff auf dem höchsten Wert der Serie zu 25 Dollar abgebildet.

 

Die Marken wurden im Offsetdruck hergestellt und haben das Format 42,58 x 28,45 mm.

Auf der Farbtafel wird auch Block 16 der Insel vom 22. Februar 1979, die Ausgabe zum Tag der Unabhängigkeit, gezeigt. Er enthält vier Marken, auf deren Wert zu 30 c das neue geänderte Staatswappen abgebildet ist. Auf dem Wert zu 2 Dollar weht die Nationalflagge St. Lucias neben den Flaggen Frankreichs und Großbritanniens über einer Karte der Insel. Die Werte zu 10 c und 50 c zeigen ein Flughafengebäude bzw. den Regierungssitz mit dem ersten Generalgouverneur Sir Allen Lewis.

Auf dem Blockrand sind die drei Strophen der Nationalhymne abgedruckt. Der Block hat die Größe von 126 x 79 mm.

Die Marken aus dem Block erschienen bildgleich auch einzeln unter der Michel-Nr. 449/452.

Noch unter britischer Herrschaft, erschien vom 1.2. bis 28.7.1975 auf der Insel eine Freimarkenserie von 14 Werten mit Sehenswürdigkeiten, auf deren Wert zu 1 Dollar (Michel-Nr. 264) die Flagge und der Wahlspruch des Staates zu sehen sind. Auf dem Wert zu 2,50 Dollar (Michel-Nr. 265) ist das Staatswappen abgebildet. Es ist mir nicht gelungen, beide Marken für eine Farbabbildung zu erhalten.


Quellen: Peter Fischer: 15 Flaggen einer Kreuzfahrtinsel. DBZ 5/97, S. 65. Nassau 1997.

Chronik Handbuch: Staaten der Weltgeschichte. Gütersloh/München 1996.

Das moderne Länderlexikon. Band 8. Gütersloh 1978.

Karl-Heinz Hesmer: Flaggen und Wappen der Welt. Gütersloh 1992.

Whitney Smith: Die Zeichen der Menschen und Völker. Luzern 1975.

Derkwillem Visser: De Nederlandse Vlag. Amsterdam 1990.

Ottfried Neubecker: Historische Fahnen. Die Welt in Bildern, Album 8. Zigaretten-

Sammelserie o.J. (ca. 1932)

 


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