Erwin Günther
Sachsen-Anhalt (Fortsetzung)
Calbe, Lkr. Schönebeck, 13 344 Ew., am linken Ufer der Saale gelegen, war bis 1950 Kreissitz des gleichnamigen provinzialsächsischen Landkreises. Das ehemalige Landstädtchen erfuhr in den 50er und 60er Jahren unseres Jhd. eine begrenzte Industrialisierung (1951 wurde hier der erste Niederschachtofen der Welt in Betrieb genommen). Die Stadt führt seit der 1050-Jahr-Feier im Jahre 1986 wieder eine Stadtflagge: blau-weiß gestreift, belegt mit dem Stadtwappen. Das aus dem 14. Jhd. stammende Wappen, ein sog. "redendes" Wappen, zeigt in Blau unter dem Torbogen einer silbernen Burg ein auf den Mauerzinnen schreitendes rotes Kalb. Die Hauptwappenfarben gaben der Stadtflagge das Gepräge.
Güsten, Lkr. Bernburg, 4 600 Ew., eine ehemals anhaltische Stadt, seit 1373 mit Stadtrecht ausgestattet, kam mit der Kreisgebietsreform von 1994 vom Landkreis Staßfurt in den Kreis Bernburg zurück. 1896 erhielt die Stadt von der Herzoglich Anhaltischen Regierung die Stadtfarben Schwarz-Rot verliehen, die sie heute noch unverändert in der Stadtflagge führt, welche mit dem Stadtwappen belegt ist: in Silber schwebend eine niedrige rote, gezinnte Mauer und zwei gezinnte zweistöckige rote, blaubedachte und goldbeknaufte Türme, verbunden durch einen gezinnten roten Torbogen; im Torbogen das Wappen der Anhalt-Bernburger Fürsten, das sog. Beringer Wappen, in Silber ein schwarzer Bär auf einer gezinnten schrägrechts steigenden roten Mauer schreitend; im Schildfuß das ehemalige anhaltische Wappen aus der Zeit vor 1918, geteilt, vorn der halbe rote Adler auf Silber, hinten das sächsische Rautenkranzwappen. Das Stadtwappen stammt aus der Zeit um 1600, versinnbildlicht das Stadtrecht und die Landesherrschaft gleichermaßen. Die Flaggenfarben Schwarz-Rot sind wohl mehr eine willkürliche Festlegung der damaligen Herzoglichen Regierung.
Jessen, Lkr. Wittenberg, 11 098 Ew., seit 1815 zur preußischen Provinz Sachsen im ehemaligen Landkreis Schweinitz gehörig, wurde 1952 Kreissitz eines neuen, dem brandenburgischen Bezirk Cottbus zugeschlagenen Landkreises. 1990 kehrte dieser Kreis nach Volksabstimmung in das Land Sachsen-Anhalt zurück und ist heute Bestandteil des Kreises Wittenberg. Das aus dem 14. Jhd. stammende, 1968 offiziell beschlossene Stadtwappen wurde 1994 stilistisch überarbeitet. Es zeigt in Rot hinter einer runden silbernen Zinnenmauer eine silberne Kirche mit zwei Rundtürmen mit blauen Spitzdächern und jeweils zwei gestielten goldenen Kugeln, auf dem Torgiebel ein goldenes Kreuz; zu beiden Seiten der Kirche hinter der Mauer je eine silberne Pappel. Die Stadtflagge von Jessen ist schwarz-gelb gestreift mit aufgelegtem Stadtwappen. Schwarz-Gelb waren die Farben der Provinz Sachsen seit 1884 und des Landes Sachsen-Anhalt bis 1952. Ihre Wahl als Stadtfarben versinnbildlicht die Zugehörigkeit zu diesem Land.
Merseburg, Lkr. Merseburg-Querfurt, 41 893 Ew. Die ehemalige Stiftsstadt, seit 1561 kursächsisch, 1656 - 1738 Hauptstadt des Sekundogeniturfürstentums Sachsen-Merseburg, 1815 preußisch, wurde 1816 Sitz des Regierungspräsidenten eines Regierungsbezirkes, 1876 - 1944 auch Sitz des Provinziallandtages der Provinz Sachsen. Die wirtschaftliche Entwicklung im 20. Jhd war eng an die benachbarte chemische Großindustrie in Leuna und Schkopau gebunden. Die Stadtflagge von Merseburg ist längsgestreift in den Farben Weiß-Rot und wird heute offiziell mit dem Stadtwappen in der Mitte geführt. Das Wappen, urkundlich bereits seit 1289 nachweisbar, wird heute in der 1929 vom Magistrat bestätigten Gestaltung verwendet: in Rot eine zinnengekrönte silberne Mauer mit vier silbernen beknauften Rundtürmen; vor beiden Innentürmen ein Rundbogen auf zwei mit Kapitellen gekrönten Säulen, überragt von einem kreuzbesteckten Spitzbogen, im Zwischenfeld ein Vierpaß; unter dem Bogen auf einem Altar in einer goldenen Schale das nimbierte Haupt Johannes' des Täufers, des Schutzpatrons des Merseburger Doms.
Den Hauptwappenfarben sind die Farben der Stadtflagge entnommen, die bereits vor dem zweiten Weltkriege existierte, nach 1952 aber weitgehend in Vergessenheit geriet.
Naumburg, Burgenlandkreis, 31 122 Ew., seit 1028/1030 Sitz des Bistums Zeitz-Naumburg, seit 1564 als inkorporiertes Gebiet in Kursachsen einbezogen, seit 1815 preußisch und Sitz des Oberlandesgerichts der Provinz Sachsen bis 1945, ist heute Kreisstadt des 1994 neugebildeten Burgenlandkreises. Naumburg führt seit vielen Jahrzehnten eine zweistreifige Flagge in den Farben Rot-Weiß, abgeleitet aus den Hauptwappenfarben (rotes Schwert und roter Schlüssel gekreuzt auf Silber, d.h. eine Variante des ehemaligen Stiftwappens). Sie wird auch heute in der Regel ohne aufgelegtes Wappen geführt.
Querfurt, Lkr. Merseburg-Querfurt, 8 795 Ew. Die um 890 entstandene Burg war seit Ende des 10. Jhd. Stammsitz der Edlen von Querfurt; sie wurde im Laufe des Mittelalters zu einer der mächtigsten Festungen im mitteldeutschen Raum ausgebaut. Die Stadt wurde nach dem Aussterben des Grafengeschlechts zunächst magdeburgisch, kam 1635 an Kursachsen und 1815 an Preußen, war seitdem bis 1994 Sitz ei nes eigenen Landkreises. Die Stadt führte 1990 erstmals eine Flagge ein: ein Banner in den Streifen Rot-Weiß, in der Mitte das Stadtwappen. Das Wappen zeigt in Blau die silbern gekleidete, goldgekrönte nimbierte Jungfrau Maria auf einer goldenen Mondsichel thronend und von einem Strahlenkranz mit goldenen Sternen umgeben, im rechten Arm den unbekleideten nimbierten Jesusknaben; beseitet von zwei kleinen Wappenschilden: vorn geteilt von Rot über Silber das Wappen des Erzstiftes Magdeburg, hinten der siebenmal geteilte silbern-rote Wappenschild der Edlen von Querfurt. Beide kleinen Wappenschilde verkörpern die historische Territorialherrschaft; die Mariendarstellung deutet ebenfalls auf das Erzstift Magdeburg hin. Den Farben der beiden kleinen Wappenschilde sind schließlich auch die Stadtfarben entnommen.
Roßlau, Lkr. Anhalt-Zerbst, 14 410 Ew., an der Elbe gelegene ehemalige Kreisstadt, von 1935 - 1945 mit dem benachbarten Dessau vereint, führt seit 1896 eine zweistreifige Flagge in den Farben Blau-Weiß. Beide Farben sind zwar in dem mehrfarbigen Stadtwappen wiederzufinden, sind aber wohl mehr eine zufällige Festlegung durch die damalige Herzogliche Regierung. Sie wurden als traditionelle Farben 1993 durch das zuständige Regierungspräsidium in Dessau erneut bestätigt.
Sangerhausen, Lkr. Sangerhausen, 30507 Ew., im 11. Jhd. entstandene Stadt im südlichen Harzvorland, war seit 1247 bzw. 1372 wettinisch, gelangte durch die wettinischen Erbteilungen an Kursachsen und wurde 1815 preußisch. Der bereits in früheren Jahrhunderten betriebene Abbau von Silber- und Kupfererzen wurde nach 1945 forciert. Seit 1951 wurde die Stadt zum Zentrum des Kupferschieferbergbaus der DDR ausgebaut. Sangerhausen hat mit seiner Hauptsatzung die Weiterverwendung der traditionellen Flagge in den Farben Blau-Weiß geregelt. Sie kann zu besonderen Anlässen mit dem Stadtwappen ausgestaltet werden. Dieses zeigt in Blau zwei schräggekreuzte silberne Doppelhaken, belegt mit einem goldenen S; über dem Wappen eine dreitürmige Mauerkrone. Das goldene S steht für Sangerhausen (so im Wappen seit 1758), die Doppelhaken, auch Wolfsangeln genannt, befanden sich im 16. Jhd. bereits auf städtischen Grenz- und Malsteinen und dienten u.a. zur Markierung von Weide und Trift.
Schönebeck, Lkr. Schönebeck, 39 370 Ew., eine Stadt an der Elbe, auf deren Gebiet bereits 949 ein Königshof bezeugt ist, entstand in ihrer heutigen Zusammensetzung aus der Vereinigung der drei Städte Schönebeck, Bad Salzelmen (Alt-Salze) und Frohse im Jahre 1932. Sie führt seitdem ein gemeinsames Wappen aus der Kombination der drei alten Stadtwappen und eine gemeinsame Stadtflagge, die auch heute wieder verwendet wird. Letztere ist rot-weiß gestreift und mit dem Wappen belegt. Rot-Weiß geht auf die Hauptwappenfarben und die Farben des ehemaligen Erzbistums Magdeburg zurück, zu denen die drei Städte spätestens seit etwa 1200 (mit zeitlicher Unterbrechung) gehörten.
Rot-Weiß waren auch bereits vor 1932 die Farben aller drei Städte. Das Wappen ist geteilt und halbgespalten von Silber, Rot und Silber; oben das alte Schönebecker Wappen (die gezinnte rote Burg, im geöffnetem Tor ein goldenes S), vorn unten das Salzelmener Wappen (im damaszierten Feld ein mit drei goldenen Bändern umwundenes Stück Salz im goldenen Stützkorb), hinten unten das Wappen von Frohse (auf grünem Dreiberg ein rotgekleideter, goldgekrönter König auf goldenem Thron, beseitet von je einer grünen Staude, als Hinweis auf den ehemaligen Königshof).
Staßfurt, Lkr. Aschersleben-Staßfurt, 23 655 Ew., an der Bode gelegene, seit 1946 mit dem anhaltischen Leopoldshall vereinigte Stadt führte im Jahre 1990 ihr seit dem Mittelater bis zum Jahre 1960 verwendetes Wappen wieder ein. Es zeigt auf einem rot-silbern geteilten Schild die Figur Johannes' des Täufers mit dem Agnus Dei und der Kreuzesfahne; über dem Wappenschild eine gebogene dreitürmige Mau erkrone. Dieses Wappen war 1960 aufgrund seines religiösen Gehalts durch ein neues mit Symbolen der Industrie und Landwirtschaft ersetzt worden. Die 1990 wiedereingeführte Stadtflagge, vorzugsweise als Banner geführt, ist gestreift in den Farben Rot-Weiß (die Farben des ehemaligen Erzbistums Magdeburg, zu dem die Stadt lange gehörte) und belegt mit dem vollständigen neuen (alten) Wappen.
Weißenfels, Lkr. Weißenfels, 34 240 Ew., um 1185 von den wettinischen Markgrafen von Meißen am Fuße eines weißen Felsens, der ihr den Namen gab, gegründet, 1680 - 1746 Residenz des Herzogtums Sachsen-Weißenfels, seit 1815 preußisch, entwickelte sich im 19. Jhd. zur Fabrikstadt mit bedeutender Schuhindustrie, die auch nach 1950 eine zentrale Bedeutung in der ehemaligen DDR hatte. Die traditionellen Stadtfarben, bereits zwischen den zwei Weltkriegen geführt, sind dunkelgelb und himmelblau (hellblau), abgeleitet aus den Hauptschildfarben des Stadtwappens. Die neue Hauptsatzung von 1993 legt die Flagge als Banner in den Farben Gelb und Blau fest.
Wernigerode, Lkr. Wernigerode, 36 404 Ew., am Nordrand des Harzes gelegene Kreisstadt mit mittelalterlichem Stadtkern, ein vielbesuchtes Touristenzentrum, seit 1229 mit Stadtrecht ausgestattet, war seit dem 12. Jhd. Sitz der Grafen von Wernigerode, nach deren Aussterben der Grafen von Stolberg-Wernigerode, ab 1449 unter brandenburgischer Oberlehenshoheit und wurde seit 1714 immer stärker in den preußischen Staat integriert. Die Stadtflagge von Wernigerode, seit vielen Jahrzehnten in Gebrauch, ist rot-weiß gestreift und trägt gemäß seiner Hauptsatzung von 1994 offiziell das Stadtwappen. Die Farben gehen zurück sowohl auf die Hauptwappenfarben als auch auf die bereits im 19. Jhd. innerhalb des Staates Preußen geführten Landesfarben der Grafschaft Stolberg-Wernigerode. Das Stadtwappen, das einem Siegel aus dem 13. Jhd. entstammt, zeigt in Silber schwebend eine rote Burg mit gezinnter Mauer, kleeblattförmigem Tor und aufgezogenem Fallgatter und drei Türmen, der mittlere zweifenstrig mit Spitzdach und Knauf, die beiden äußeren gezinnt ohne Fenster; im Tor eine rote Forelle. Die Burg steht für die Wehrhaftigkeit der Stadt; die Forelle ist dem Wappen der Grafen von Wernigerode entnommen.
Wolfen, Lkr. Bitterfeld, 41 886 Ew. Die Stadt hat auf Veranlassung des Landeshauptarchivs in Magdeburg 1994 ihr Wappen aus dem Jahre 1974, das 1990 von der Stadtverordnetenversammlung erneut bestätigt worden war, nach heraldischen Gesichtspunkten überarbeitet. Besonders unter Kritik standen die unheraldische Tinktur des quadrierten Schildes von Schwarz und Blau sowie die Kombination des Buchstabens W mit den Colorfilmfarben im 3.Feld. Das neue Wappen ist ebenfalls geviert, nunmehr von 1:4 Gold und 2:3 Blau, in 1 ein schwarzer Rundkolben, in 4 die Bergeisen, jetzt ebenfalls schwarz tingiert. Feld 2 zeigt wie bisher zwei aufgerichtete goldene Ähren, Feld 3 einen perforierten silbernen Kleinbildfilmausschnitt. Damit bleibt das Wappen der industriellen Tradition des 1958 zur Stadt erklärten, rasch gewachsenen Chemieortes verbunden. Die 1990 erstmals eingeführte Stadtflagge in den Farben Schwarz-Gelb wurde beibehalten; sie trägt heute das neue Wappen. Die Wahl der Farben Schwarz-Gelb war 1990 ein bewußter Ausdruck der Zugehörigkeit zum wieder entstandenen Sachsen-Anhalt.
Zeitz, Burgenlandkreis, 37 029 Ew., ehemalige Stiftsstadt, in der 968 bereits ein Bistum gegründet wurde, das aber 1028 nach Naumburg verlegt wurde, kam 1564 in kursächsischen Besitz, aber weiterhin mit eigener Stiftsregierung. Sie wurde erst mit der Abtretung an Preußen 1816 aufgehoben. Das Stadtwappen, in seiner heutigen Form 1928 festgelegt und 1994 erneut bestätigt, geht auf die religiöse Tradition
zurück. Es zeigt in Blau den Erzengel Michael in silberner Rüstung, auf einem grünen Drachen stehend, in der Rechten ein silbernes Schwert, in der Linken einen silbernen Schild mit durchgehendem rotem Kreuz; rechts schwebend ein kleiner roter Schild, darin in Silber gekreuzt Schwert und Schlüssel (das Wappen des Stiftes Zeitz-Naumburg). Der Erzengel Michael war der Schutzpatron der Stadt und Kirche. Die Farben der Figuren im Wappen (grüner Drache, silberner Erzengel, roter Bistumsschild) waren Grundlage für die Entwicklung der Stadtflagge. Sie ist dreistreifig Grün-Weiß-Rot, bei festlichen Anlässen in der Mitte belegt mit dem Stadtwappen. Die gültige Hauptsatzung vom 13.10.1994 erwähnt jedoch nicht ausdrücklich die Anbringung des Wappens auf der Flagge.
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